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Bericht 29.10.2003

        WOHNEN WIE GOTT IN FRANKREICH      08.07.2004

Leben wie Gott in Frankreich, das ist ein schöner Spruch, doch auch Gott dürfte seine Probleme haben, eine Behausung zur Miete in Frankreich zu finden, denn auch er bräuchte in diesem Land sehr wahrscheinlich einen französischen Bürgen für sein Heim. Aber mal langsam und der Reihe nach.

Seit Samstag, 3.7., bin ich wieder in deutschen Landen, die meiner Meinung nach viel zu kalt sind und zu wenig Sonne bieten, aber man soll ja die Hoffnung nie aufgeben und vielleicht kommt der Sommer ja noch. Eigentlich hätte ich schon früher zurückkommen können, denn am 23.6. hatte ich meine letzte Klausur und damit das erste Schuljahr an Centrale erfolgreich hinter mich gebracht. Aber seit Anfang Mai bin ich eigentlich auf der Suche nach einer Wohnung in Lyon selbst für das nächste Jahr, denn der Campus ist gut und schön, sehr praktisch und so weiter, aber Lyon ist einfach zu genial als Stadt, so daß ich davon etwas profitieren möchte.

Natürlich suche ich nicht alleine, sondern mit anderen zusammen, um eine WG aufzumachen. Deshalb erstmal eine kurze Vorstellung der Protagonisten: Razvan, ein Rumäne aus meinem Centrale-Jahrgang, wir haben seit Anfang Mai zusammen gesucht; Benoît, ein langjähriger Freund, der nächstes Jahr in Lyon sein Glück am Doppeldiplom an der CPE versuchen möchte; Daniel, ein Brasilianer aus meinem Centrale-Jahrgang, er stieß als letzter hinzu als wir dachten, was für vier gefunden zu haben. Das sollte sie werden, DIE WG 2004/2005 in Lyon Centre.

Razvan und ich haben bereits Anfang Mai angefangen, nach Wohnungen zu suchen. Wir waren noch recht unerfahren und naiv, so daß es anfänglich recht langsam vor sich ging und wir nicht allzu viele Appartements zu Gesicht bekamen. Das Hauptproblem ist alleine schon die Tatsache, daß wir für eine WG suchten. Bei vielen Anrufen in verschiedenen Agences Immobilières (Immobilienagenturen) war das Telefonat nach der ersten Frage zu Ende, die lautete: "Sie suchen für eine WG?" - "Ja." - "Der Besitzer möchte keine WGs." - tuut. Also galt es schon mal diese Strategie zu ändern und erstmal gar nichts von WG zu erzählen, sondern direkt eine Besichtigung auszumachen. Aber nachdem dieses erste Problem überwunden war, wurden wir mit einem viel schwerwiegenderen konfrontiert. Um eine Wohnung in Frankreich zu mieten, muß man neben dem Hinterlegen einer Kaution von zwei Monatsmieten auch einen Garanten (Bürgen) vorweisen, der im Falle von Zahlungsunwilligkeit belangt werden kann. Und genau das machte uns (heute immer noch im übrigen) dann die größten Kopfschmerzen. Der Garant muß nämlich über ein französisches Konto verfügen und im Normalfall auch noch in Frankreich seinen Lohn beziehen. Das war natürlich sowohl für Razvan als auch für mich ein nicht erfüllbares Kriterium. Die Angences lassen bei diesem Punkt auch nicht mit sich verhandeln. Auf meine Aussage, daß ich einen Garanten in Deutschland hätte und wir ja schließlich in der Europäischen Union seien, bekam ich lapidar zur Antwort: "Monsieur, wir sind in Frankreich und nicht in Europa." Da hat man keine Fragen mehr. Eine andere Madame in einer Agence wiederum sagte mir: "Sie sind ausländischer Student? Der Fall ist ganz klar, die Studentenwohnheime sind für Sie gebaut!" Das läßt schon auf eine gewisse Denkweise schließen und es soll mir keiner sagen, ich hätte es mit Einzelfällen zu tun. Nach Telefonaten mit locker 30 oder 40 verschiedenen Agences und einer einzigen, die einen ausländischen Garanten akzeptiert hätte, wo das Appartement jedoch alles andere als top war, meine ich, schon eine repräsentative Zahl kontaktiert zu haben.

So sahen wir uns also nach potentiellen Mitbewohnern französischer Nationalität um, deren Garanten eventuell für uns noch mitbürgen würden. An Centrale fanden wir keine willigen Franzosen, denn die meisten Franzosen meines Jahrgangs dürfen erstmal weiterhin am Campus wohnen und da die nicht einmal eine große Begeisterung dafür aufbringen können, sich außerhalb ihrer Schule zu amüsieren, wurden wir da schon mal nicht fündig. Ich zitiere: "Warum soll ich in Lyon wohnen, da kenne ich doch keinen." Noch Fragen? Daraufhin setzten wir kurzerhand eine Annonce auf eine für WG-Vermittlung spezialisierte Webseite und erhielten auch einige Antworten. Nur leider sind die Franzosen nicht immer ganz die Zuverlässigsten und so kam es zu KEINEM einzigen Rendez-vous, oder sagen wir lieber so, ausgemacht waren sie, aber Razvan und ich waren die einzig Anwesenden.

Irgendwann chattete ich dann mal mit Benoît und fragte ihn, wo er denn im nächsten Jahr wohnen würde. Da er eigentlich keine große Hoffnung auf ein Zimmer im Wohnheim hatte, schlug ich ihm vor, doch bei uns "einzusteigen". Das war mehr oder weniger unverbindlich und ich sagte Benoît, daß ich ihn am laufenden halten würde. Ein paar Tage später entdeckten Razvan und ich auch ein super Appartement, direkt am Quai du Rhône, Blick auf die Presqu'île, Tram und Metro in unmittelbarer Nähe. Das Appartement war vor einem Jahr frisch renoviert worden und in tadellosem Zustand mit vier Zimmern, einem riesigen Wohnzimmer und zwei Bädern - in einem Wort perfekt und mit einer WG aktuell darin. Razvan und ich gingen also zur Agence, um unser Interesse zu bekunden. Die zuständige Madame gab uns einen Haufen Dokumente zum Ausfüllen etc., doch wir hatten noch nicht mal unseren dritten und vierten Mitbewohner wirklich fixiert. Nach einem Telefonat mit Benoît war der dritte gefunden und überzeugt. Fehlte also nur noch ein vierter. Wir wußten, daß Daniel ebenfalls den Campus verlassen wollte. Er war zwar nicht französisch, aber das Problem mit dem Garanten hofften wir mit Benoît lösen zu können. So war die Mannschaft komplett und der Papierkrieg ging los. Benoîts Mutter erklärte sich bereit, für uns zu garantieren und ein reger Dokumentenaustausch zwischen Würzburg, Liederbach und Lyon begann. Benoîts Mutter sei an dieser Stelle nochmals herzlichst für ihre großen Bemühungen gedankt!

Zehn Tage nach dem First Contact mit dem Appartement hatten wir alles zusammen und waren guter Dinge, daß das klappen könnte. Schließlich hatte uns die Agence zugesagt, daß das Appartement für uns reserviert sei und daß sie umgehend zur Régie, der Mietsverwaltung gehen würden. Kurz zum System in Frankreich, da ist ganz oben der Propriétaire, dem die Immobilie gehört, dann kommt die Régie als Verwaltung, die wiederum freiwerdende Wohnungen durch eine Agence vermieten läßt. Also, eine relativ umfangreiche Hierarchie und Mietangebote durch Privatpersonen gibt es so gut wie gar nicht. Einen Tag nach unserer Abgabe des Dossiers bekomme ich dann von der Agence einen Anruf. "Ja, Monsieur, wir waren heute bei der Régie und leider hat die Régie das Appartement bereits weitervermietet, ohne uns darüber in Kenntnis zu setzen..." Super! Was waren wir vielleicht genervt! Da waren wir so dicht dran, an einem Götterappartement und dann sowas! Unglaublich. Nun, damit waren wir bei Punkt Null.

Nach dieser Niederlage war es erstmal wieder angesagt, Annoncen zu lesen und zu telefonieren, da wir aber in der Zeit dann recht viele Klausuren etc. hatten, mußte unsere Wohnungssuche jedoch ein wenig warten und ich beschloß, die Tage nach den letzten Klausuren intensiv mit Wohnungssuche zu verbringen.

Eine knappe Woche vor meiner Abreise erhielt Benoît dann recht unerwartet ein Angebot von seiner Ecole in Lyon für ein Zimmer im Studentenwohnheim. Ein Zimmer mit über 30m², bereits möbliert und das ganze für 250€, da hatte ich keine Argumente mehr. Nein, ganz im Ernst, ein solches Angebot darf man in Lyon nicht ausschlagen, da die Studentenzimmer im allgemeinen recht teuer sind und seines ist wahrhaftig ein Hammerschnäppchen. Wie auch immer, wir waren somit auf drei reduziert, was an sich für den Wohnungsmarkt praktischer ist, da es Vierzimmer- häufiger als Fünfzimmerwohnungen gibt. Jedoch war mit Benoît auch unser Garant weg und wir drei Ausländer haben nun ein ganz großes Problem, wer soll für uns bürgen?

Eine Idee war ein neues Programm der BNP, meiner französischen Bank, das in der Werbung Studenten mehr Unabhängigkeit verspricht, indem die BNP die Kaution finanziert und eine Garantie gegen nicht zu hohe Kosten anbietet. Ein erster Gang zur Bank brachte erstmal keine großen Neuigkeiten, da dort keiner so recht informiert war. Man sagte mir zwar erstmal, daß das wohl nicht für Ausländer sei, aber diese Information erwies sich schnell als falsch. Hauptsache mal wieder was gegen Ausländer gesagt... Im Endeffekt stellte sich nun aber die Tage heraus, daß man für dieses tolle BNP-Angebot ebenfalls wieder einen Garanten braucht, der dann bei der Bank bürgt. Was ein Quatsch also!

Eine letzte Idee hatten wir noch. Es gibt eine Gesellschaft, LOCAPASS, die Garantien für Studenten vergibt, aber logischerweise hat diese einige Auflagen, damit man akzeptiert wird. Eine Möglichkeit an eine solche Garantie zu kommen, wäre Stipendiat des französischen Staates zu sein. Razvan und Daniel sind beide Stipendiaten des französischen Staates, das Problem ist nur - und nun haltet Euch fest - sie sind Stipendiaten des Ministeriums für Auswärtiges. Um für LOCAPASS akzeptiert zu werden, muß man jedoch Stipendiat des Bildungsministeriums sein! Und da gibt es keine Chance was zu drehen!!!!! Da fällt einem nichts mehr ein und man zweifelt doch etwas an seinem gesunden Menschenverstand.

Wie auch immer, nun bin ich in Deutschland und habe nach wie vor keine Wohnung in der Lyoner Downtown. In jedem Fall habe ich ein Zimmer für das nächste Jahr am Campus reserviert, Razvan und Daniel sind noch in Lyon zwecks Praktikum und so können wir vielleicht doch noch was finden, aber ohne Garanten dürfte es extrem schwierig werden.


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